Food Talk mit Shoha - Bengalische Küche

Wer von euch kennt die bengalische Küche oder hat sich schon mal mit Bangladesch auseinandergesetzt? Ich selber habe nur von Bangladesch gehört und gelesen, wenn es um die Textilproduktion ging oder auf meinem Kleidungsstück “Made in Bangladesh” steht. Mehr Assoziationen zu Bangladesch habe ich nicht gehabt. Aber Bangladesch hat als kleines Land noch viel mehr zu bieten. Aus diesem Grund habe ich es mir zum Anlass gemacht, mich mit Shoha zusammenzusetzen, um Bangladesch näher zu beleuchten. Dieser Beitrag wird kein typischer Reisebeitrag oder Wikipedia-Eintrag über Bangladesch sein, sondern einen kleinen Einblick in die bengalische Esskultur aus Shohas Perspektive gewähren. Während des Gesprächs haben wir beide einige Gemeinsamkeiten zwischen der vietnamesischen und bengalischen Kultur feststellen können. Die einst so fremde bengalische Kultur erschien mir danach doch vertrauter als gedacht.


Bengalische Küche - Spicy, richtig flavourful, fishy

Aufgrund der geografischen Nähe zu Indien gibt es auch viele Ähnlichkeiten im Essen. In Bangladesch werden die gleichen Gewürze wie in Indien genutzt und auch die Basisgerichte sind identisch.

Ganz typisch in der bengalischen Küche sind Fischgerichte. Für viele Erwachsene seien Fisch und Reis Standard und ihr Lieblingsessen. Für die Kinder sei es aber wegen der Gräten einfach nur ein Trauma, scherzte Shoha. Wie auch in Vietnam werden in Bangladesch Fischköpfe gegessen. Hier waren wir uns einig – Das können wir beide nicht essen!

Was wird Zuhause gegessen?

Ich persönlich habe bisher nur zweimal in einem indischen Restaurant gegessen und wahrscheinlich waren es auch Gerichte, die gar nicht alltäglich zuhause gegessen werden. Das ist oft so mit Gerichten in Restaurants. Es wird selten richtige traditionelle “Hausmannskost” aus dem Land angeboten. Deswegen habe ich Shoha gefragt, welche bengalischen Gerichte in ihrer Familie gegessen werden.

Butter Chicken oder alles, was man in indischen Restaurants kennt, isst man zuhause eher selten.
— Shoha H. Comet
  • Bhorta: Bhorta besteht einfach aus püriertem Gemüse oder anderen Zutaten, z.B. pürierte Kartoffeln, Zwiebeln, Chilli und Senföl.

  • Daal: Die Hauptzutat von Daal sind Hülsenfrüchte (Mungbohnen, Kichererbsen, Linsen). Am liebsten isst Shoha Dhal aus Linsen gemeinsam zu Reis mit Zitrone verfeinert. Dieses schlichte Gericht ist Soulfood jeder Desi Person!

  • Biryani: Dieses herzhafte Reisgericht erfordert einen ganzen Tag Vorbereitung, wenn man es richtig traditionell zubereitet. Es gibt viele kleine Vorbereitungsschritte, zum Beispiel muss das Fleisch (Hühnchen oder Rind) eine ganz Nacht lang mariniert werden. Biryani erhält den vollen Geschmack durch frisch zerkleinerten Kardamom und Zimtstangen, die angeröstet werden. Es gibt aber auch eine schnelle Variante, um Biryani innerhalb von 1-2 Stunden zu kochen.

Bengalisches Essen an Feiertagen

Da Bangladesch ein muslimisches Land ist, werden auch dort das Zucker- und Opferfest gefeiert. Zum Zuckerfest gibt es immer etwas Süßes. Daher seien die meisten bengalischen Väter Diabetiker, wie Shoha scherzhaft erzählte. Typischerweise wird zum Zuckerfest immer Mishti gegessen. Das sind Bällchen aus Zucker und Milchpulver. Eine weitere Süßspeise sind Jilapi, Teigringe, die in Öl frittiert und anschließend in orangenem Sirup getränkt werden. Am Independance Day werden traditionelle Gerichte wie Biryani oder Fisch gegessen.

Bengalisch essen

In bengalischen Familien wird immer zusammen gegessen. Außerdem ist es Tradition, dass man als Gastgeber oder Gastgeberin den Gästen das Essen auf den Teller tut und sie bedient. Bekommt man beispielsweise Essen auf den Teller serviert, darf man nicht Nein sagen. Es muss alles aufgegessen werden, was dir auf den Teller gegeben wird. Im Islam darf nämlich kein Essen verschwendet und kein Reiskorn übrig gelassen werden.

Richtig mit den Händen essen

  • Es darf immer nur mit der rechten Hand gegessen werden. Die linke kann zum Beispiel als Unterstützung zum Halten des Tellers genutzt werden. Mit der linken Hand darf nicht gegessen werden. Es ist auch unhöflich, wenn man anderen Leuten die linke Hand zur Begrüßung gibt.

  • Bei Brot werden die ersten drei Finger (Daumen, Zeige- und Mittelfinger) verwendet.

  • Reis wird mit allen Fingern gegessen, aber nicht mit der Handfläche. Es werden nur die Fingerspitzen genutzt. Damit wird der Reis dann zu mundgerechten Reisbällchen geformt.

 
Wenn du noch nie mit der Hand gegessen hast, dann hast du das Essen noch nie richtig gegessen. Du findest den Geschmack wirklich erst, wenn du mit der Hand isst. Wenn du z.B. mit Besteck, das aus Metall oder Holz besteht, isst, hast du den Geschmack von Metall und Holz mit drin.
— Shoha H. Comet
 

Zum Thema Essen mit der Hand hatte Shoha eine lustige Kindheitsgeschichte:

Als wir klein waren, haben wir jeden Tag Reis gegessen. Um es uns ein bisschen schmackhafter zu machen, hat meine Mama immer den Reis in Reisbällchen geformt. Es war immer so, dass wenn du schon halbwegs fertig warst und das letzte Stück nicht mehr essen konntest, hat sie dann immer den Reis in Bällchen geformt und hat denen Namen gegeben. Und die Namen, das war immer meine ganze Familie. “Das ist dein Bruder, das ist dein Papa, das bin ich und das bist du”. Dann waren wir immer richtig happy. Dann hat Essen auch richtig Spaß gemacht. Sie hat uns dann immer eins nach dem anderen gefüttert. Tatsächlich bin ich nicht die Einzige, wir alle Kinder haben diese Erinnerung. Das Beste am Essen war auch immer, dass wir nicht selbst gegessen haben, sondern dass unsere Eltern uns immer gefüttert haben mit der Hand.

 

Du bist, was du isst!

Da vietnamesisches Essen für mich ein sehr wichtiger Identifikationsfaktor mit meinen vietnamesischen Wurzeln ist, habe ich Shoha gefragt, welche Bedeutung bengalisches Essen für sie hat:

Gerade die bengalische Kultur siehst du hier halt nicht. Du hast nichts außer das Essen, deine Sprache und die paar Leute, die du um dich hast. Unsere Community war ziemlich klein. Gott sei Dank ist sie jetzt viel größer, aber das einzige, was ich von meiner Kultur mitnehmen konnte, ist das Essen, die Sprache und die paar Leute, die ich kenne. Hätte ich zum Beispiel das bengalische Essen nicht, würde ich nicht benaglisch sein, habe ich das Gefühl. Es ist ein großer Teil meiner Identität. Wenn du kein Fan bist von dem Essen, dann ist es so, als wärst du auch kein Fan von deiner Kultur.

Bitte nur dreimal die Woche Reis!

In Bangladesch ist Reis die Hauptbeilage bzw. die Basis für alle Gerichte. Shoha erzählte mir, wie ihre Mama ihr immer einen Berg voll Reis gegeben und sie deswegen irgendwann die Nase voll davon hatte. Als Kompromiss hatte sie ihrer Mama vorgeschlagen, nur dreimal in der Woche bengalisch, also Reis, zu essen, einmal vegetarisch und zweimal mit Fleisch. An den restlichen Tagen gab es dann Nudeln, Pasta, Bolognese…Daraus sind von ihrer Mama viele Fusion-Gerichte entstanden. Shoha berichtete von der Bolognese ihrer Mama, die mit Curry und Kümmel aufgepeppt wird. Sie habe sich an das bengalische Essen ihrer Mama gewöhnt, sodass viele deutsche Gerichte einfach zu wenig seien für ihre Geschmacksknospen.

Bengalisches Essen in Berlin

Bangladesch ist ein kleines unbekanntes Land und wird oft mit Indien assoziiert. Deswegen gäbe es keine Läden, die explizit mit bengalischem Essen werben. Außerdem würden sich die meisten Bengalen immer als Inder ausgeben. In manchen indischen Restaurants seien die Besitzer nicht mal Inder, sondern oft Bengalen. Falls ihr euch jetzt Restaurantempfehlungen für richtig authentisches bengalisches Essen erhofft habt, muss ich euch leider enttäuschen. Denn bestimmte Gerichte werden an den deutschen Geschmack angepasst, wodurch der ursprüngliche Geschmack verloren geht. Auf die Frage, wie Shoha eine bessere und authentischere Repräsentation der bengalischen Küche in Deutschland finden würde, antwortete sie:

Ich habe glaube eher Angst, wenn es irgendwie verbreitet wird und andere Menschen unsere bengalische Küche essen, dass sie das dann kritisieren, statt es zu lieben. Davor hätte ich Angst. Wenn da jetzt noch [zusätzlich zu den bestehenden rassistischen Vorurteilen] ein Restaurant kommt, dass irgendwie ein bisschen anders schmeckt und anders riecht, kann ich mir vorstellen, dass wir Menschen noch mehr kritisiert werden. Deswegen würde ich meine Liebe für bengalisches Essen doch lieber für mich behalten. Wenn bengalische Restaurants eingeführt werden würden, wäre es eh nicht authentisch genug.

Shohas Favoriten zum Ausprobieren

  • Chanachur: Dieser würzige/scharfe Snack besteht aus einem Mix verschiedener getrockneten Zutaten, wie zum Beispiel Linsen, Erdnüssen, Erbsen, Mais gepuffter Reis…

  • Mung dal: Ein knuspriger Linsensnack mit Suchtpotenzial, von dem man ununterbrochen immer eine handvoll essen könnte.

  • Lady finger: Lady fingers sind von innen etwas schleimig und schmecken so ähnlich wie grüne Bohnen. Am besten schmeckt dieses Gemüse angebraten mit Knoblauch, Zwiebeln, verfeinert mit ein bisschen Kümmel, Salz und Chilli.


Vielen Dank an Shoha H. Comet für den persönlichen Einblick in die bengalische Kultur und das bengalische Essen. Auf meinem Speiseplan wird jetzt definitiv auch bengalisches Essen stehen. Ich hoffe bei euch auch!

Mai Ly

Wenn ich mal nicht für den Blog schreibe, arbeite ich an Kunst- und Fotoprojekten. Oder ich flaniere durch Berlin und bin auf der Suche nach einem coolen Café und leckerem Essen.

https://www.instagram.com/main.ly
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